Dienstag, September 19, 2006

100 Freunde sollt Ihr sein

Nach all dem Egogewäsch der letzten Wochen wird es Zeit für harten Investigativjournalismus. Gleich zu Beginn sehe ich es als meine Pflicht an, mich von all den im Folgenden beschriebenen Machenschaften zu distanzieren und mich weder als Befürworter, noch ausgesprochener Gegner eben dieser auszugeben. Neutralität ist das Gebot der Stunde und in diesem Fall bin ich die Schweiz. Nun aber Vorhang auf und Auftritt Tebis Nador.

Nador trägt einen Künstlernamen ohne Künstler zu sein. Womöglich ist er das aber vielleicht doch und am Ende sind Namen Schall und Rauch. Nador ist ein junger Spund in den Anfängen seiner zwanziger Jahre und würde man ihn sehen, würde man ihm gewiss nicht zutrauen, was er in den letzten Wochen zustande gebracht hat. Doch dazu später mehr.

Nachdem nun die Hauptfigur dieser Geschichte mehr oder weniger ordentlich vorgestellt wurde und ich weiterhin erwähne, dass der Zeitrahmen der Handlung in etwa die letzten zwei bis drei Wochen umfasst, gilt es, dem Leser den Ort des Geschehens näher zu bringen. Dafür müssen keine großen Reisen unternommen oder Landschaften beschrieben werden, reicht es doch, einen Abstecher in die unendlichen Weiten des Internet zu wagen.

Um auf den Punkt zu kommen: Es geht um das in letzter Zeit deutlich an Popularität gewinnende Studiverzeichnis. Um dies nicht selbst erklären zu müssen, werde ich an dieser Stelle Wikipedia zu Rate ziehen.

StudiVZ.net (Abkürzung für Studiverzeichnis) ist eine zur Zeit (Sommer 2006) schnell wachsende Social-Network-Plattform im deutschsprachigen Raum. Es hat sich binnen weniger Monate bei Hunderttausenden Studenten als täglich genutzte Kommunikationsform etabliert.

Auf studiVZ.net können Studenten sich ein Profil anlegen und sich mit ihren real existierenden Freunden in einem Netzwerk verbinden, Informationen austauschen und ihre Kontakte zu anderen Studenten oder studentischen Organisationen pflegen.

Soweit, so kuschlig - noch einmal zusammengefasst: Ein Ort, an dem massenhaft junge Menschen sich und ihr Leben präsentieren, indem sie sich eine Seite anlegen, auf alles vermerkt wird, von dem sie denken, dass es sie aus- und für andere Leute attraktiv macht. Das ist wichtig, denn man bekommt die Möglichkeit eingeräumt, virtuelle Freundschaften mit anderen Menschen zu schließen. Das sind natürlich zum einen Menschen, die man auch im Leben außerhalb eben dieser virtuellen Welt mögen und schätzen gelernt hat. Auf der anderen Seite ist dieser Freundschaftsbegriff aber auch durchaus dehnbar und es kommt zu „Freundschaften“ zwischen Menschen, die noch nie ein Wort gewechselt haben.

Hierzu Wikipedia:

Motivation hierfür ist der Aufbau der Seite, der suggeriert, den Einzelnen an der Anzahl seiner Kontakte („Freunde") zu messen.

Ach so. Im Grunde genommen heißt das nichts anderes als: Nenne mir die Anzahl deiner „Freunde“ und ich sag dir wer du bist. Es fällt durchaus schwer, Menschen zu glauben, dass sie mit eben diesen 60 Menschen in ihrem Profil befreundet sind und wenigstens ein gutes Gespräch geführt haben. Wenigstens mag ich das nicht glauben. Eher wahrscheinlich: es gibt regelrechte Sammler von Kontakten: Freundschaftskollektoren. Eben dieser Sorte Mensch bin auch ich – um einmal mehr eine persönliche Perspektive in diese doch recht trockene Angelegenheit einzubringen – schon begegnet und kann aus Erfahrung behaupten, dass man den „Ablehnen“-Knopf unter der Mitteilung „Harry Hirsch möchte dich als Freund hinzufügen“ einfach nicht anklicken mag, weil einen sonst ein schlechtes Gewissen für Tage verfolgen wird.

An dieser Stelle endet dieser kleine Exkurs und wir schlagen den Bogen zurück zu Tebis Nador, denn der ist einer dieser Freundschaftskollektoren. Allerdings nicht von der Art, die einfach Menschen hinzufügt, die er mal kurz gesehen hat oder um drei Ecken kennt. Nador ist da deutlich progressiver, systematischer und gleichzeitig auch innovativer, denn hinter seiner Sammelleidenschaft verbirgt sich ein Projekt – das sogennante

Doch worum geht es jetzt genau? Es ging Nador an nie darum, gewöhnliche Menschen zu seinen Freunden zu zählen. Es müssen besondere Kriterien erfüllt sein. Aus einer Email Nadors:

Die Auswahl der Studentinnen erfolgte lediglich über die Kriterien blond und gut aussehend.

Nun, Sie bekommen eine Vorstellung von „Tebis 100“? Ja, Sie raten richtig. Bei „Tebis 100“ geht es Nador darum, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele, nach seinen subjektiven Bewertungsmaßstäben attraktive, Frauen zu seinen Freundinnen zu zählen. Die Zahl 100 gibt die Marschrichtung vor. Einhundert waren das Ziel und eben dieses hat Nador am heutigen Tage erreicht. 100 Frauen, die er nicht kennt, sind nun Freunde von Tebis Nador und damit Freunde eines Phantoms, denn Nador existiert ja, wie bereits oben erwähnt nicht wirklich. Wenigstens nicht unter diesem Namen.

Was soll man nun davon halten? Ist es Geilheit oder Gesellschaftskritik, Libido oder Langeweile, Sexualtrieb oder Selbstbewusstsein? Und warum fügt man jemanden wie Nador als Freund hinzu, ohne ihn überhaupt zu kennen? Die Anonymität des Internets? Unbefangenheit? Neugierde? Oder ist es am Ende doch das schlechte Gewissen, das einen nicht auf den „Ablehnen“-Knopf drücken lässt.

Und wer ist Nador? Sozialkritiker? Spaßvogel? Selbstdarsteller? Spinner? Soziopath? Wer verbirgt sich hinter dem harmlos wirkenden Kumpeltypen? Was sind seine Beweggründe? Was muss man tun, um 100 blonde, attraktive Frauen zu Freunden zu machen? Wie reagieren die Opfer? Was hat er bei seiner 100. Freundin getan? Und kommt nach Tebis 100 nun Tebis 1000?

Das alles lesen Sie morgen im zweiten Teil:

Das große Tebis Nador Interview.

Nur hier, bei mir.

Abschließend spielen wir zum Tagesthema noch:
Nada Surf - Popular

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich bin sehr gespannt und erwarte das Interview in praller Vorfreude.
Super, dieser investigative Journalismus.
Großes Kino!

Nils hat gesagt…

Einer musste die Welt ja aufklären.

Anonym hat gesagt…

uiui. na, ich bin ja nicht blond. glück gehabt. aber gespannt auf den zweiten teil bin ich trotzdem. ^^

dami hat gesagt…

Sehr geil!
Damian
(55 Freunde)

Nils hat gesagt…

na, er hat wohl auch ein paar nichtblonde dabei. da sind wohl die pferde mit ihm durchgegangen.

ich hab nur 31 freunde...hach...verloren.

Anonym hat gesagt…

Klasse Projekt, wirft auch ein bisschen ein seltsames Licht auf die Leute die sich in der Community tummeln :) Werd darüber in meinem Blog
Studenten Community Berlin was berichten.


mfg
rico

Nils hat gesagt…

lieber rico,

ich denke, du hast erfasst, worum es ihm ging... die kontakte zu 100 frauen seiner wahl waren da sicher nur ein netter nebeneffekt. ;)