Samstag, März 31, 2007

i > iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii

Wo ja grad "300" in den in den Kinos anläuft, bei dem die Effekte sehenswert sind, aber auch wirklich nur die, fiel mir beim Betrachten dieser Wenige-gegen-viele-Schlacht ein anderer Film ein, der schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat.

"These are the Armies of The Night. They are 100,000 strong. They outnumber the cops five to one. They could run New York City. Tonight they're all out to get the Warriors."


Die Rede ist von "The Warriors", einem Film, der noch heute viele Anhänger und Nachahmer hat und hier gesehen werden kann:


Freitag, März 30, 2007

Erste Hilfe!


Back to School

Mal wieder Morgen. Das Ohr scheppert noch nach und beschwert sich mit mittellautem Piepen. Wieder die Hörschwelle ein wenig nach unten korrigiert. Sei’s drum, dann hab ich wenigstens eine Ausrede, wenn ich im Alter ein wenig schwerhöriger werde als die Vergleichsgruppe.

Schuld an meiner eingeschränkten auditiven Wahrnehmung ist Bochum. Nicht direkt Bochum, aber von da komme ich, denn da habe ich vor wenigen Stunden eine Reise in meine eigene Vergangenheit unternommen, indem ich mit vielen anderen Menschen zu lauter Musik der Helden meiner Jugend auf ausgelassene Art und Weise herumhopste. Es spielten zum Tanz auf:

1. Will Haven. Aufgelöst und wiedervereinigt, leider mit neuem Sänger. Da war der Alte aber besser. Außerdem merkt man, dass sich das Material über die letzten Jahre dank Bandauflösung nicht unbedingt weiterentwickelt hat. Außerdem recht anstrengend, über längere Zeit. Gut sie mal gesehen zu haben, aber dann ist auch irgendwann gut.
Will Haven - Carpe Diem

2. Deftones. Darf ich sagen, dass ich Fan der ersten Stunde war? Nein, das wäre gelogen. Beim zweiten Album hatten sie mich. Zu „Around The Fur“ bin ich immer zur Schule gelaufen, „White Pony“ (von Achim bekommen) hat mir einen Urlaub versaut und „Deftones“ schepperte auf meinen Automixtapes immer in der ein oder anderen Form durch dieser Musik unwürdige Lautsprecher. Dann war auch irgendwo Ende…

…bis gestern Abend. Mein lieber Schwan. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so ausgelassen durch einen Konzertsaal gehüpft bin. Auch wenn sich sämtliche Bandmitglieder mittlerweile eine prächtige Wampe stehen lassen haben, das mit dem Spielen klappt noch ganz hervorragend und sowas macht ja außerdem sympathisch, denn was Rockstars dürfen, dürfen wir auch.

Ein wenig betrübte mich der Eindruck, schon langsam zum alten Eisen zu gehören, denn trotz meiner gefühlten sechzehn Lenze waren da doch jede Menge junger Herren, deren Alternativbärtchen noch sorgsam gezüchtet anstatt radikal zurechtgestutzt schienen. Aber so lange die Band noch älter ist als man selbst, ist es wohl in Ordnung. In diesem Fall sogar schwer in Ordnung.

Deftones - Be Quiet And Drive (Far Away)

Donnerstag, März 29, 2007

Yeah!

um halb vier noch wach und wieder nix geschafft. scheiße.

Mittwoch, März 28, 2007

...und du so?

Dem ein oder anderen ist vielleicht schon die technische Neuerung aufgefallen, die sich dort rechts am semiprominenter Position tummelt, also dort, wo eigentlich ein Blogroll hingehört. Nun, ich habe mich bei Twitter angemeldet, meiner neuen Lieblingslangsamseite im Internet. Damit wird der Mensch also noch bescheuerter gläserner und das soll mir zur Sozialkritik auch reichen. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, wofür das gut sein soll, aber da wird sich schon etwas finden. 140-Zeichen-Haikus zum Beispiel. Fest steht jedenfalls, dass das eine Spitzenerfindung ist und ich jetzt schon nicht mehr weiß, was ich ohne anstellen würde.

Also. Flugs bei Twitter anmelden und immer schön lieb sein, denn dann, ja dann können wir Freunde werden.

Hach, Anna...

Anna Ternheim - Girl Laying Down

Montag, März 26, 2007

Alles auf Pause

Es macht ja wenig Sinn zu leugnen, dass sich der Laden in den letzten Tagen in ein Linkblog verwandelte. Schuld daran ist mein alter Gegenspieler namens Diplomarbeit, der um das Haus streunt, manchmal Kratzspuren an der Tür hinterlässt und in der Nacht laut heult, damit er mehr von mir bekommt als nur ein mildes Lächeln und einen Platz auf dem Abstellgleis in meinem Gedächtnis.

Es sind noch drei Wochen in denen Text entstehen sollte und ich nicht nur Tagträumen nachhängen darf. Darum wird erstmal nicht viel mehr als eben dieses Linkblog stattfinden. Mal ganz abgesehen davon: Wer will schon lesen, wie ich den Frühling durch zwei dreckige Kellerfenster erlebe und mir insgeheim wünsche, es würden sich die Unwetter der nächsten Jahre auf die nächsten drei Wochen konzentrieren? Ich denke niemand.

Jetzt also Sparflamme. Sparflamme bedeutet aber nicht, dass sich ein Besuch nicht lohnt. Wenigstens hoffe ich das.

Sonntag, März 25, 2007

Freitag, März 23, 2007

Kni, Kna, Knuti!

Um den Kuschelfaktor für dieses Wochenende ein wenig zu erhöhen: Kleiner Eisbär mit eigenem Lied. Und...äh...Blog?

Ab sofort bitte jedes Jahr einen Problembären! Yeah!

Donnerstag, März 22, 2007

Mittwoch, März 21, 2007

Odyssee

Er würde den Hut nicht absetzen. Das wusste ich. Ich wusste ohnehin schon die ganze Zeit, was vorher geschehen würde. Der Abend war durchzogen gewesen von Vorahnungen und Hilflosigkeit. Kassandra-Syndrom, das volle Programm.

Gerade jetzt wünschte ich, ich hätte einen kleinen gelben Zettel dabei, auf den ich eine Notiz schreiben könnte. Den würde ich ihm dann auf den Beifahrersitz legen, so dass die Klebeseite nach oben zeigen würde. Wenn er aussteigen würde, der Zettel haftete an seinem Hintern. Dann würde er ihn vielleicht nicht bemerken, nicht in dieser Nacht. Aber am Morgen. Der kleine gelbe Zettel auf dem Fußboden seines Zimmers neben der Hose vom Vorabend auf dem stehen würde: Du wirst den Hut nicht absetzen.

Jakob sackte in den Sitz neben mir, nachdem er seinen großen Militärrucksack auf der Rückbank verstaut hatte und die zwei Flaschen Wegbier herausgekramt hatte, ohne die er die Strecke bis zu seiner Wohnung sicher nicht überleben würde. Auf der Rückbank saß, neben Jakobs großen Militärrucksack, Daniel, der bereits gähnte und fragte, ob er Jakobs Kissen benutzen dürfe. Verräter!

Es war eine dieser Aucheinladungen gewesen. So eine, bei der man nicht vom Gastgeber persönlich gefragt wird, sondern von jemandem anderes, der dann sagt „Ach ja, du bist auch eingeladen.“ Das wird dann meist gefolgt von einem Satz wie: „Kannst du fahren?“ Und damit ist klar, warum es eine Aucheinladung war.

Ich hatte mich breitschlagen lassen, obwohl ich wusste, dass ich an diesem Abend keinen Spaß haben würde. Irgendwann war dann aber die Befürchtung zu groß, eine jener legendären Feiern zu verpassen, von denen man sich hinterher noch bei jeder sich bietenden Gelegenheit erzählt, wenn einem sonst gerade nichts besseres einfällt und so kam es, dass ich Daniel und Jakob in mein Auto lud und die zwei Stunden nach Gießen fuhr.

Um es kurz zu machen: Ich hätte nichts verpasst. Es war eher umgekehrt. Vermutlich verpasste ich einen tollen Film im TV oder eine schöne Gelegenheit einen netten Abend woanders zu verleben. Stattdessen flüchtete ich mich mit Daniel in die gemeinsame Vergangenheit, wo wir von alten Narben berichteten und Wunden leckten, um nicht mit den sonstigen Gästen in ein Gespräch verwickelt zu werden.

Irgendwann gegen Mitternacht hatte ich dann eine Wunderkerze in der Hand und sprach dem Gastgeber meine besten Glückwünsche für sein neues Lebensjahr aus, während im Hintergrund Lieder angestimmt wurden, die ich nur von den Geburtstagen meiner Großeltern kannte.

Es war nicht leicht gewesen, Jakob zu überzeugen, früh zu fahren. Umso glücklicher war ich, als er endlich den Joint weglegte und aus dem verqualmten Zimmer schritt, um seine Springerstiefel zu greifen und diverse Vorräte in seinem Militärrucksack zu stopfen. Er hatte protestiert, aber das hörte auf, als ich ihm sagte, dass es mir egal sei, ob er im Auto wäre, wenn es losführe.

Jakob war der Bruder des Gastgebers und ich hatte ihn schon seit einigen Jahren nicht mehr gesehen. Irgendwann vor vier Jahren hatten wir mal Fußball gespielt, auf einem staubigen Bolzplatz, im Sommer. Das einzige, was ich noch wusste, war, dass Jakob ein Brummer war. Einer dieser Menschen, die erzählen, ohne dass es andere interessiert. Die Monologe halten und nicht am Wohlergehen anderer interessiert sind. Ein Mensch, der seine Meinung über alles stellt, der immer und immer nur redet. Jemand, für den Megafone erfunden wurden, jemand, der brummt wie eine Klimaanlage, ein Computerlüfter, ein Scheibenwischermotor. Jemand, der einen nicht stört, wenn man nicht hinhört, aber dem man irgendwie abstellen will, sobald man es tut.

Damals hatte er noch von den Metallern und den Nazis geredet. Im Auto, nach dem Fußballspiel. Hatte erzählt, wer wem wie auf die Fresse gegeben hat und warum derjenige das verdient hatte oder auch nicht und wie er noch Verstärkung suchen würde, um es denen mal endlich zu zeigen. Ich konnte mich erinnern, weil ich das Gespräch in Teilen kurz zuvor wieder gehört hatte, als Jakob einen der anderen Partygäste zulaberte, der mir Leid tat. Aber nur ein bisschen.

Jetzt hatte ich Angst. Wir fuhren los. Daniel war noch wach und so gnädig, in den letzten Minuten seines Wachseins die Aufmerksamkeit Jakobs auf den Rücksitz zu lenken, während ich versuchte, einen Weg aus Gießen heraus zu finden. Jakob sprach von Drogen und Alkohol und wer wie viel und was wäre wenn und all so etwas. Als er fertig war, aus seinem höchstprivaten Guinnessbuch der Betäubungsmittelrekorde zu zitieren, erzählte er noch, wie die „Scheißbullen“ letztens seinen Freund mit zwei Promille aus dem Wagen gezogen hatten.

Das hielt er für eine Unverschämtheit und ich brach mein selbstauferlegtes Schweigegelübte, indem ich entgegnete, dass ich das sehr wohl in Ordnung finden würde, wenn die Polizei so jemanden aus dem Verkehr zieht. Auch sein Argument, es habe sich lediglich um Restalkohol vom Vorabend gehandelt, ließ ich nicht gelten. Stille breitete sich im Wagen aus. Ich war insgeheim froh, niemanden zu kennen, der jemals zwei Promille Restalkohol gehabt hatte und Daniel auf der Rückbank nutzte die Zeit der Ruhe, um das Land der Träume zu betreten.

Als wir auf die Autobahn fuhren, waren wir allein. Jakob, ich und hundert Kilometer. Bis Siegen, da wollte er raus, weil da sein Zimmer war und insbesondere aber weil da seine Bong stehen würde und er in dieser Nacht noch nicht genug hatte. Für mich bedeutete das auf der einen Seite zwar einen Umweg, auf der anderen Seite war ich aber auch froh, nicht die kompletten nächsten beiden Stunden meines Lebens mit Jakob verbringen zu müssen.

Ich schielte kurz nach rechts herüber. Da saß er. Das Gesicht unter der Krempe seines Indianer-Jones-Hutes verborgen. Dort wo seine Augen waren, reflektierten die Gläser seiner runden Brille das Licht des Gegenverkehrs. Den langen Bart konnte ich nicht erkennen, aber er würde da sein. Genau wie die langen, offen getragenen Haare. Ich würde nie verstehen, warum immer genau die Menschen die Haare lang tragen, denen so etwas ums verrecken nicht stehen will.

Mein Herüberblicken schien ihm ein Zeichen zu sein. Er legte los. Sagte, wie er das ja schon irgendwie verstehen könnte, mit der frühen Abfahrt, aber er hätte doch auch die Amphetamine bezahlt, die mich noch bis in die Morgenstunden wach gehalten hätten. Ich antwortete noch irgendetwas, was ihm klar machen sollte, dass er mit dem Drogengewäsch bei mir schlechte Karten habe und es deshalb besser gleich sein lassen solle. Dann stellte ich meinen Mund auf Automatik.

Automatik. Ich bin war ihr so dankbar. Wie oft hatte sie mir das Leben gerettet? Es müssen dutzende, ja hunderte Male gewesen sein. Es funktionierte ganz einfach: Die Ohren nahmen Ton auf, leiteten ihn aber nicht zur Verarbeitung weiter, sondern meldeten nur längere Pausen. In die längeren Pausen streute dann der Mund tolle Worte oder Halbsätze ein wie: „ahso“, „und dann“, „mmmmhh“, „das ist ja interessant“, „meinst du wirklich“, „ist nicht dein Ernst“ oder auch das gute alte „ja das kenne ich“. Brummer, oder Gesprächspartner mit Brummertendenzen merkten nie, dass man ihnen nicht zuhörte. Das fehlte in ihrer Wahrnehmung. Ich würde das gerne evolutionärgenetisch erklären, aber das sollen andere tun.

So saßen wir also da und ich ließ in seine Wortflut immer mal wieder das ein oder andere Tröpflein fallen, welches das Fass seines großen Mitteilungsdranges ein weiteres Male zum überlaufen bringen musste und die nächste Welle gröberen oder feineren Unsinnes über mich hereinbrach. Ich sagte nicht einen vernünftigen Satz. Nicht während der ersten halben Stunde der Fahrt.

Schließlich war er irgendwann dabei angekommen zu erzählen, dass er hochbegabt sei. Eine Tatsache, von Daniel mir schon einmal berichtet hatte und über die wir uns daraufhin etwa eine Stunde lang lustig gemacht hatten. Jakob erzählte davon, wie er bei Günter Jauchs IQ Test mehr Punkte gesammelt hatte, als der beste Mensch im Publikum und wie die Maßstäbe heutiger IQ-Tests gar nicht in der Lage seien, seinen Intellekt zu messen, weil die Obergrenze ja bei 160 Punkten liegen würde und er die in jedem Falle locker sprengen würde.

Diese ganze Hochbegabungssache fußte auf einem einzigen Test, den er einmal in seiner Kindheit gemacht hatte. Jakob war nicht hochbegabt. Oder wenn er es jemals gewesen war, dann hat er seine Hochbegabung über die letzten beiden Jahrzehnte, denn Jakob war einige Jahre älter als ich, ganz sicher versoffen oder verkifft, denn ich wunderte mich über die Klarheit seiner Worte, die im krassen Gegensatz dazu stand, dass er den ganzen Abend hindurch ein Glas nach dem andern geleert hatte. Ein Umstand, der, neben seinen und anderen Geschichten auf einen Gewohnheitstrinker schließen ließ.

Nun, da waren wir also und er meinte, dass er hochbegabt sei und war drauf und dran sich mehr und mehr selbst zu loben für seine guten analytischen Fähigkeiten und für den hellen Kopf den er doch hatte, als ich es nicht mehr aushielt. „Jakob, jetzt mal so unter uns: Was hast du denn aus deiner Hochbegabung gemacht? Sag doch mal.“ Das war sicher unfair, aber nach dem ganzen Eigenlob der vergangenen Stunden und Minuten ging es einfach nicht anders.

Es geschah etwas, was ich gar nicht erwartet hätte: Jakob taumelte durch den Ring. Treffer auf die Nase, mit Karacho auf den wunden Punkt. Es dauerte eine Weile, bis er wieder da war, aber als er dann wieder da war, ging es richtig los. Er begann mit der Schule und wie er vom Hochbegabteninternat geflogen war und erzählte irgendetwas von Menschen, die ihm eins auswischen wollten. Wirre Geschichten, denen ein Außenstehender unmöglich folgen konnte.

„Nein, ich meine jetzt. Was machst du jetzt mit deiner Hochbegabung?“ Ich setzte nach, weil Jakob gerade dabei war, das Schlimmste in mir herauszufordern. „Was studierst du denn, wenn du analytisch so viel auf dem Kasten hast? Mathe? Physik? Hm?“ Ich war ein Arsch, aber ich hätte nicht mit der Kaltschnäuzigkeit gerechnet, mit der er antwortete. Er sagte dass er soziale Arbeit studieren würde, aber das Studium ihn total unterfordern würde. Außerdem hätte er es geschafft, seinem hohen Intellekt nun auch noch eine hohe soziale und emphatische Intelligenz zur Seite zu Stellen.

Beinahe hätte ich angehalten um zu kotzen. Der Typ, der seit bestimmt mehr als sieben Jahren einfach nur vor sich hinstudiert und das Geld seiner Eltern versoff und verkiffte, klang gerade so, als wäre er die leibhaftige Inkarnation Jesu Christi. Beim Aussehen wäre er immerhin schon mal auf dem halben Wege. Empathische und soziale Intelligenz. Worte von dem, der sich soeben eine halbe Stunde lang nur mit meinem Mund unterhalten hatte, ohne es zu merken. Gern hätte ich den Wagen in diesem Moment in etwas Großes, etwas Festes hineingelenkt, wenn Beifahrerairbags mit einer großen Portion Selbstreflexion ausgestattet wären.

Er hatte wirklich Glück, dass die französischen Ingenieure bei Renault noch nicht so weit waren. Die Vorstellung war aber noch nicht zu Ende. „Außerdem nutze ich meine Hochbegabung jetzt um Pokerprofi zu werden.“ Um ein Haar hätte ich uns alle getötet, indem ich aus der Tür gesprungen wäre. Ich wollte rollen. Wollte mich vor lachen auf dem Boden wälzen und nicht aufhören. Nicht in einer Million Jahren. Stattdessen blickte ich kurz nach links damit er das breiteste Grinsen, was ich zustande bringen konnte nicht sah.
„Oh, du spielst Poker…na das ist ja…“ …mein alter Feind.

Und dann war es vorbei. Dann war Poker. Ich hörte von seinen Erfolgen und wo er wie Geld machte und gegen wen er spielte und was für Karten er in welcher Situation auf der Hand hatte und wie hoch die Blinds waren und wann er All-in gehen musste und warum es immer besser ist, rechts neben Linkshändern zu sitzen, als links neben Rechtshändern.

Das beste erwähnte er nur so zwischendurch: Er spielte Onlinepoker! Also Poker an sich war dämlich, aber Onlinepoker? Das war ja sogar unsexy! Hätte James Bond wohl derart cool ausgesehen, wenn er in Unterhose vor seinem PC gesessen hätte, mit der einen Hand an der Maus und der anderen in der Hose? Nein, hätte er nicht! Wenn schon Poker, dann aber bitte mit Frack und Fliege und Cocktails und Casinos und goldenen Chips und grünem Filz und Frauen in Superabendkleidern in Sportwagen.

Die Zeit schlich dahin während neben mir die Geheimnisse des Pokerspiels offenbart wurden. Die Zeiger der Uhren wollte nicht weiter und die Tachonadel zeigte konstant einhundertundvierzig Stundenkilometer. Mein Mund war lange wieder auf Automatik, aber es hätte wohl auch keiner Füllworte bedurft, denn der Monolog, der nun über mich hereinprasselte, hätte nicht einmal dann aufgehört, wenn ich ihm versichert hätte, taubstumm zu sein.

Ich wurde müde. Die Fahrbahnmarkierungen verschwammen in der Ferne und Schilder konnte ich schon lange nicht mehr richtig Lesen. Daniel schlief auf dem Rücksitz. Schlaf… Es war eine schöne Nacht. Nicht so kalt wie die Nächte zuvor und es hatte nicht geregnet. Zwischen den langsam dahinschwebenden Wolkenfetzen konnte man die Sterne sehen und dann war da noch ein Scheinwerfer, der die Wolken von unten illuminierte.

Sie waren wunderschön. Als ich die Flieger sah, konnte ich nur daran denken, dass sie wunderschön waren. Majestätisch zogen sie dahin, wie ein Schwarm großer Vögel. B-24 auf dem weg in den Südosten. Vielleicht Richtung Gießen? Der Scheinwerfer erfasste das Flugzeug an der Spitze und es wurden Feuerbefehle gerufen…

Ich erschrak fürchterlich als ich merkte, dass meine Hände noch immer das Lenkrad eines Autos umklammert hielten und ich nicht etwa hinter dem Acht-Achter saß, hinter dem ich mich noch vor Sekunden geglaubt hatte und dass das laute Brummen nicht etwa Flugzeugmotoren waren, sondern die Reifen, die über die Fahrbahnmarkierung hoppelten.

„Fuck!“
Ich schrie und Adrenalin schoss durch meinen Körper. Beinahe hätte ich das Lenkrad verrissen, aber konnte mich gerade noch soweit im Griff behalten, dass ich den Wagen ohne größeren Schaden wieder in die Spur zurückbewegten konnte.

„Was’n?“ Jakob hatte nichts gemerkt. Verfluchter Beifahrer. Aber nein, das war ganz und gar meine Schuld. Verflucht. „Bin wohl grad kurz eingeschlafen.“ Es war ihm egal. Der Scheinwerfer suchte wieder den Himmel ab. Eine Disco. Keine Flugzeuge. Auf dem Rücksitz schlief Daniel weiter.

Nach kurzer Zeit meinte Jakob, dass wir nun gleich an der richtigen Ausfahrt seien und ich fragte ihn noch das ein oder andere über Poker, um nicht wieder in die Gefahr zu kommen, einzuschlafen. So wusste ich nach kurzer Zeit eine ganze Menge über die Ligen beim Onlinepoker und wie Jakob beinahe einmal Vierter in einer der unteren Liegen geworden wäre, dann aber doch nur Neunter wurde und leer ausging.

Irgendwann später, es war schon in Siegens Innenstadt, da fragte ich Jakob, wie viel er denn so insgesamt schon gewonnen hatte, beim Pokern. Er redete erst viel von Beinahegewinnen und es gab da wohl den ein oder anderen Was-wäre-wenn-Tausender. Ich ließ nicht locker.

Es waren etwa 40 Euro. Davon gehörte jetzt ein guter Teil mir, denn wir erreichten unser Ziel. Spritgeld. Nachdem Jakob den großen Militärrucksack von der Rückbank geholt hatte und Daniel für kurze Zeit aufwachte und sich murrend auf dem Beifahrersitz ein neues Bett suchte, sah ich Jakob noch kurz hinterher, als er sich schon verabschiedet hatte. Ein gelber Zettel auf dem Hintern. Das wäre es gewesen. Ich hätte recht gehabt. Er hatte den Hut nicht abgesetzt.


Deftones - Passenger (ft. Maynard James Keenan)

Sonntag, März 18, 2007

Dinge, die man in ein vollgeschissenes Klo werfen sollte, damit sie anderen Menschen nicht ähnlich schaden, wie sie das bei einem selbst getan haben


Heute: Microsoft Word

Microsoft Word hat soeben eine Geschichte gelöscht, die ich in aufopferungsvoller Liebe zu meinem Blog und zu meinen Lesern von 4:00 bis 6:30 in der Früh tippte. Zwischen den Morgengesang der bereits erwachten Vögel mischte sich dann ein Netzwerkfehler. Was auch immer. Konnte auch nicht wieder hergestellt werden, die guten drei Seiten...
Dann gibt es wohl keine Geschichte fürs Wochenende und es geht weiter mit lustiger Linkbloggerei, bis diese fiese Diplomarbeit entweder abgegeben oder ebenfalls im Klo versenkt wurde.

Freitag, März 16, 2007

Mittwoch, März 14, 2007

Pimp my Pocket!




Mehr Mädels mit großen Taschen!
Aber Vorsicht!

(So, auch mal Werbung für Großkonzerne gemacht. Aber wenn die Wölfe schöne Melodien heulen, heult man halt mit...)

Futur II

"in dieses brillenfoto könnten sie bei gelegenheit mal ein paar falten ins gesicht photoshoppen. dann können sie uns demnächst herrn rupert mit achtzig präsentieren. ich bin jetzt schon gespannt."
Meinte Sie.

Nun. Bitte sehr:
dirty old man

So sieht also mein Zukunfts-Ich aus. Besser, ich fange jetzt schon einmal an, Mutters Faltencreme großflächig aufzutragen. Auf das alles so babypopoesk bleibt, wie es ist. Ich bin schon froh, wenn die Haare nicht ausgehen sondern nur ergrauen.

Was ich da wohl so mache, mit geschätzten 89 Lenzen? Hm. Urlaub auf dem Mond? Spazierfahrten in meinem Raketenrollstuhl? Vermutlich sitze ich aber die ganze Zeit in Unterhose vor irgendwelchen Monitoren, wenn ich nicht grad auf dem Küchentisch hocke um mit wirren Anekdoten meine Enkel zu langweilen.

"Ach lass, es ist nur Opa."

Montag, März 12, 2007

Der talentierte Mr. Rupert

Ja, da lachst du blöd...

...du Streberarsch...
...du Angebersau.
Aber du hast Recht. Ist ja schon lächerlich, irgendwie.

Sonntag, März 11, 2007

Freitag, März 09, 2007

Geil Gut ins Wochenende

Sie sollen auch einmal belohnt werden, all die netten Menschen, die in den letzten Tagen über die folgenden Suchbegriffe bei Google hergefunden haben:

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Ab sofort kann ich endlich Premium-Content anbieten, der auch diese schwer zu befriedigende Zielgruppe glücklich macht. Bitte sehr:



Bleibt zu hoffen, dass sie ausreichend audiophil veranlagt sind und nicht nur nach dem Optischen gehen. Denen und allen anderen ein geiles gutes Wochenende!

Was die Nacht mit mir macht

Ich kann nicht schlafen. Also ja, schon, technisch gesehen ist das möglich. Aber ich kann nicht so schlafen, dass der Schlaf das tut, was er soll, also den Körper entspannen, den Kopf aufräumen und überhaupt für Ordnung sorgen. Das tut er nicht. Im Gegenteil.

Wann immer Hypnos meine Augenlider berührt und sie langsam zufallen, wird es hinter ihnen schwarz. Ich träume nicht. Nun, vermutlich träume ich schon, nur kann ich mich meist nicht daran erinnern. Am Morgen, wenn ich aufwache ist alles fort. Graue, verschwommene Nacht. Nur mein Mund ist trocken und die Zunge zerbissen, so dass ich warten muss, bis ich so etwas wie Fruchtsäfte oder ähnlich Säurehaltiges zu mir nehmen kann, weil es sich sonst anfühlt, als würde ich einen Molotowcocktail trinken.

Aber meist kann ich auch gar nichts essen, weil es erst einmal eine knappe Stunde dauert, bis ich mich einigermaßen in der Lage fühle, irgendetwas zu tun. Ich glaube, dass ich nicht richtig Luft bekomme, in der Nacht, denn morgens brummt und rumort es so, wie es das sonst eigentlich nie tut. Genauso gut könnte ich meinen Kopf für die erste Stunde nach dem Erwachen für Crashtests zur Verfügung stellen, es würde keinen Unterschied machen.

Eigentlich bin ich froh, dass ich mich selten an Träume erinnern kann, denn wenn ich mich einmal erinnere, ist es nur blöder Unfug, oder schlimme Dinge. In der letzten Nacht erst waren es Menschen, die aus Gräbern entstiegen um mich zu verfolgen. Sehr symbolisch, wenn man bedenkt, dass es diese Menschen wirklich gibt, oder besser gab, in meinem Leben. Und dann war da noch ein Messerkiller, dem ich gerade noch einmal entkam, indem ich über einen Zaun hechtete.

Mein größter Erzfeind ist jedoch ein großer schwarzer Wolf, der mich seit Kindertagen durch meine Träume hetzt, aber nie bekommt. Er taucht in den einfachsten Situationen, den schönsten Träumen auf, blickt mich an und dann jagt er mich, bis ich schweißgebadet aufwache, weil mein Herzschlag Gefahr an das Gehirn signalisiert. Ich entkomme meist, indem ich fliege, also sehr langsam in die Luft steige. Das kann ich, seit wir das mit der Grundschulklasse gelernt haben, auf dem Feld hinter der Schule, wo wir als Kinder Schlitten gefahren sind. Ich war sechs oder sieben Jahre alt. Der einzige Traum, an den ich mich für immer erinnern werde, weil er mir das Leben gerettet hat, in den zahllosen Nächten darauf.

Duke Special - Last Night I Nearly Died

Dienstag, März 06, 2007

Good Morning, Captain

Ei. Heut wird ein Einstieg schwer. Versuchen wir, das mal nachzuvollziehen, wie ich mir das so gedacht habe. Also, aufgepasst.

Neulich, es muss Nacht gewesen sein, da in den letzten Wochen ausschließlich Nacht ist, und ich sitze so da und denke daran, wie es wohl wäre, an meiner Diplomarbeit zu schreiben und beobachte meine Hand, wie sie, als Mauszeiger verkleidet, mit Sensationsgeschwindigkeit durch das Internet saust und meine Augen überfliegen ständig irgendwelche Texte, die aber nie wirklich dort ankommen, wo sie sollten und sie schauen auf Bilder, die irgendwo im Sehnerv verschwinden, als ich irgendwann merke, dass ich in einem dieser Internetforen gelandet bin, in dem sich viele traurige Menschen gegenseitig Gedichte darüber schreiben, wie traurig sie gerade sind und warum das so ist und wie des Lebens harte Hand nach ihnen greifen und sie zerdrücken will.

Da ist mir aufgefallen, dass ich mir gar nichts aus Lyrik mache. Das ich nichts damit anfangen kann, all diesen wuseligen Zeilen, deren Zusammenhang nur der kennen kann, der sie einst geschrieben. Dass das einmal anders war, beweisen weißknittrige Blätter, auf denen sich in der Krakelschrift eines Fünfzehnjährigen verfasste Verse verlieren. Oder bewiesen, denn ich habe keine Ahnung, ob es die noch gibt. Das war also wohl mal anders. Was war geschehen. Und während ich so darüber nachgrübelte, warum in den Regalen neben Bild- nicht auch Gedichtbände stehen, da Begann der schuldzuweisende Finger in meinem Kopf auf einmal deutlich in eine Richtung zu zeigen. Das kann er ganz gut, das mit dem Zeigen. Immer schön weit weg.

Und der Finger zeigte auf die Schule und auf die anachronistischen Lehrer und ihre Leidenschaft für jene Poeten, ob deutsch oder englisch, deren Freundeskreis ausschließlich aus Rotwein, einer Neurose und Vollmond bestand. Namen weiß ich nicht mehr, Namen sind Schall und Rauch. So saßen wir also da, in der Klasse, und quälten uns durch Texte, bei denen man jedes zweite Wort in staubigen Gewölben hätte nachschlagen müssen.

Dabei waren unsere Herzen wie trockenes Stroh. Es hätte eines Wortes, oder eines guten Satzes bedurft und wir wären entflammt gewesen, wären auf Tische gesprungen und hätten laut „O Captain! My Captain!“ gerufen, hätten zitiert, protestiert, diskutiert und uns am Werken der großen Meister und an unseren eigenen Leben berauscht.

Statt dem rettenden Funken gab es stinkende Gülle. Ein Gedicht zu besprechen bedeutete, das Gedicht in viele große „X“ zu übersetzen. Jeweils ein „X“ pro Silbe. Auf jene „X“, deren jeweilige Silbenentsprechung dann im Gedicht betont wurde, war ein Strich zu machen. Gleichzeitig war es unabdingbar, die verschiedenen, sich reimenden Wörter mit Buchstaben zu kennzeichnen. Daraus ergab sich dann die „Form“ des Gedichts, die es zu beschreiben galt.

Gelernt hatte ich dabei nichts. Denn ich weiß bis heute noch nicht, was Jambus, Trochäus, Daktylus oder Anapäst sind. Das wurde dann zwar auch abgefragt, uns aber nie erklärt, weil die tumben Sitzenbleiber mit Halbwissen aus dem nun wiederholten Vorjahr glänzten und der Lehrer einen Haken ins Curriculum hinter „Jambus“ setzte.

Der Captain kam später. Er durchmaß die Klasse raschen Schrittes und stellte sich dort auf, wo normalerweise Lehrer stehen: vor der Tafel. Dabei sah er nicht aus wie ein Lehrer und der CD-Player in seiner Hand ließ diesen Schluss in noch weitere ferne Rücken, als es das breite Grinsen auf seinem Gesicht ohnehin schon tat. Als er dann noch in der Lage schien, den seit der Anschaffung durch die Schule noch originalverschweißten CD-Player zu bedienen, wurde es still. Dann wurde es wieder laut:


Während die Musik spielte, verteilte er Songtexte, die auf braunem Umweltpapier gedruckt waren und nach Schulkopierer rochen. Als die Musik fertig war, da fragte er, was wir davon hielten und wie das denn wohl gemeint wäre und wie das bei uns so sei und wer wir seien und was uns ausmachen würde. Als die lang erprobte Stille der Klasse vom Pausengong in lautes Gemurmel verwandelt wurde, stand ich vorn am Lehrerpult und fragte, ob ich mir die CD ausleihen dürfe. So lernte ich Achim Schröter kennen, den neuen Referendar für Englisch und Deutsch an unserer Schule, der eigentlich Joachim Schröter hieß, sich aber stets in der Kurzform vorstellte.

Er war es dann auch, der mir eines Tages aus dem Lehrerzimmer heraus einen Haufen CDs in die Hand drückte und meinte, dass das hier ein Anfang für einen eigenen Musikgeschmack sei und er war der, der mit uns über das Schüsse und die Toten an der Highschool irgendwo im fernen Columbine sprach, was all die anderen Lehrer vermieden. Er ließ uns Bücher lesen, die nach der Erstürmung der Bastille gedruckt waren, er nahm Songs an Stelle von Shakespeare, Musikvideos an Stelle der englischsprachigen Morgennachrichten. Er gründete den „Conversation Club“, er nahm sich Zeit, er hörte zu, er machte Neugierig und für ihn waren wir nicht die sonst übliche Kuhherde, an die es Wissen zu verfüttern galt.

Ich erinnerte mich auch an das Radioheadkonzert, zu dem er mich mitnahm, in Nimwegen, im Zirkuszelt. Wie wir bei einer Schale holländischer Pommes im geöffneten Kofferraum des Polos saßen und mir für einen Moment war, als wäre er ein großer Bruder, den ich nie hatte.

Er war dann irgendwann nicht mehr an unserer Schule, weil er nach dem Referendariat nicht übernommen wurde und weil die Dinge einmal so sind, wie sie sind, hörte ich nichts mehr von ihm. Jahre später sah ich ihn auf einem Konzert wieder und wir plauderten und ich hörte, wie er an irgendeiner Berufsschule gelandet war, an der er mit der Zeit dazu überging, Lückentexte zu verteilen und Bücher mit verteilten Rollen vorlesen zu lassen. So ist das wohl bei vielen Lehrern, irgendwann.

So. Jetzt bin ich aber abgeschweift. Es ging doch um Gedichte, Lyrik, Poesie richtig? Nun, weil mir mal irgendwer erklärt hat, dass es meist ungemein clever ist, wenn man am Ende von Texten wieder Bezug auf den Anfang nimmt, weil sich der Leser dann belohnt fühlt, den ganzen Mist in der Mitte überstanden zu haben, soll es nun mit Gedichten zu Ende gehen.

Ich saß also noch immer am Computer, die Gedanken in der Vergangenheit, während die Maus auf dem Bildschirm herumsauste und die Augen Texte und Bilder überflogen. Irgendwann bin ich dann wohl bei Videos gelandet, weil man sich Videos ja auch dann ansehen kann, wenn man sonstwodran denkt, und da habe ich Poesie gefunden, die mir gefiel:

Und als ich dann herausfand, dass es da noch mehr solcher Videos gab, war ich begeistert. Dann erfuhr ich, dass dieser Mensch, also dieser Billy Collins, noch so einige Gedichte geschrieben hat und dass andere Leute die auch toll finden und dass er dafür sogar mal richtig ausgezeichnet wurde. Da war ich stolz auf mich, weil es dann ja doch nicht Stimmen konnte, was ich dachte, anfangs, dass ich mir da nichts draus mache, aus Gedichten.

Oh und Achim, wenn du das hier liest: Vielen Dank, Captain!

Freitag, März 02, 2007

Degausser

Als ich neulich mit Tebis plauderte und das Gespräch in so eine Richtung ging, die Gespräche manchmal nehmen, da kamen wir zu der Erkenntnis, dass wir viel zu nett sind. Erst so ganz allgemein und dann natürlich noch im Speziellen in Liebesdingen, weil nett ja niemand mag. Natürlich haben wir uns dann noch ausgemalt, was wir tun müssten, böser zu werden und wie die Welt vor uns zittern würde, aber darum geht es jetzt auch gar nicht, denn als ich dann irgendwann im Bett lag, musste ich an früher denken.

Ich dachte an die Mädchen aus der Schule mit den älteren Freunden, also die Mädchen, die nicht mit uns redeten, also an die mit den Freunden, die schon ein Auto hatten, irgendeinen Beruf und mit dreiundzwanzig unglaublich alt schienen. Denen mit den Oberarmen, die so waren, wie unsere Oberschenkel. Denen mit den Bärten und Kleidung, die das Taschengeld von Monaten bedeutete. Denen, die an ihren Autos lehnten um ihre Freundinnen abzuholen, nach der sechsten Stunde. Denen, die manchmal ein wenig jähzornig waren. Denen, die es ja eigentlich nicht bös meinten, wenn es mal passierte.

Und dann dachte ich an die blauen Augen und an die trotzigen Blicke und ich dachte an die verbundenen Arme, die dicken Pullover und an die Narben, die man immer im Sommer besonders gut sehen konnte, wenn der Rest der Haut so braun wurde. Und mir fielen die ganzen Scheißgeschichten ein, die ich gehört habe, die aus erster Hand und die aus zweiter Hand und ich erinnerte mich an das Gefühl und wie mein Herz anfing zu rasen und dass ich mir manchmal eine Pistole wünschte, wenn ich so etwas hörte und wie ich manchmal dachte, dass es besser sei, nicht so viel zu wissen.

Dann musste ich daran denken, wie sie mir sagte, dass ich eigentlich viel zu nett für sie sei und das es so nicht funktionieren könnte und wie ich mich wunderte und weinte und dachte, dass Schule ja längst vorbei war.


Giardini Di Mirò - Broken By

Zufallskinder

Thomas war ein Bekannter. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Man sollte Unterschiede machen können, zwischen Bekannten und Freunden. Das ist meine Meinung. Nun, ich hatte Thomas schon eine Weile nicht mehr gesehen und das auch gar nicht schlimm gefunden, eben, weil er ja nur ein Bekannter war und Jahre schneller verstreichen, als man sich das vorstellen mag.

Als an dem Morgen, der eigentlich ein Mittag war, Daniel anrief und meinte, Thomas sei wieder da, aus München, und wir sollten ihn doch besuchen fahren, dachte ich für einen kurzen Moment darüber nach, wie es wohl in München sei. Ich kannte Thomas über Daniel. Die beiden waren Freunde, sozusagen. An jenem Tag ging es wohl eher um meine Fahrerdienste, als um meine Anwesenheit. Daniel hatte kein Auto. Ich sagte zu.

In der Stadt, in der früher einmal viel Metall verarbeitet wurde und die mittlerweile nur noch ziemlich hässlich war, stiegen wir aus dem Auto in den Regen und von dort unter das Vordach des grauen Hauses, in dem Thomas' Eltern wohnten.

Thomas öffnete und in der Küche saß die Familie um den Tisch und erzählte. Ich schüttelte Hände von Menschen, die ich nicht kannte, die mich aber trotzdem zum Abendessen einluden. Ich lehnte ab, weil es bis dahin noch lang dauern würde und ich nicht vorhatte, wirklich lang zu bleiben. Daniel tat es mir gleich.

Unter den vielen geschüttelten Händen waren auch jene des Mädchens, dass uns als Freundin von Thomas vorgestellt wurde. Die beiden kannten sich seit vier Monaten, darum hatte ich sie noch nie gesehen. Als wir uns in das alte Kinderzimmer von Thomas zurückzogen, hockte sie sich auf das Bett und verschwand mit angezogenen Beinen unter der Decke. Ich setzte mich in einen Sessel, weil ich gern in Sesseln sitze und Daniel und Thomas nahmen Platz auf der alten Couch.

Das Zimmer war ein seltsamer Ort und ich fragte mich, ob es wohl schon damals so ausgesehen hatte, als Thomas noch hier gewohnt hatte. All die schweren Möbel aus dunklem Holz in dem finsteren Zimmer in einer Stadt, deren Sonnentage schnell gezählt waren. Aber das lag möglicherweise auch nur daran, dass ich andere Räume immer seltsam finde, weil ich nichts mit ihnen verbinde, oder an der Tatsache, dass es wirklich sehr dunkel war, da die Jalousien geschlossen waren.

Ich wusste auch nicht, warum ich mit Thomas nie so wirklich warm geworden war. Ich meine, eigentlich hätte das schon gehen müssen, irgendwie. Hatte sich halt nicht ergeben. Vielleicht waren wir zu verschieden, vielleicht war es Zufall. In jedem Fall aber war es in Ordnung, wie es war.

Thomas hatte sich verändert, seit ich ihn das letzte Mal sah. Das mochte damit zusammenhängen, dass er irgendwann beschlossen hat, seinem Leben damit einen neuen Sinn zu geben, indem er den Buddhismus als seine neue Religion annahm. Als Daniel mir vom Schwedenurlaub mit Thomas erzählte, im letzten Sommer, als er von Morgenmeditationen sprach und all den neuen Ansichten, da habe ich gewusst, dass Thomas ein Bekannter bleiben würde.

Da saßen wir also. Vier Leute, die mir in diesem Moment so seltsam zusammengewürfelt vorkamen, dass ich es beinahe toll fand. Thomas und Daniel begeisterten sich gegenseitig mit den Geschichten aus dem Schwedenurlaub im Vorjahr, die ich alle schon kannte, weil sich nie jemand merken konnte, wem er was genau erzählt hatte.

Die Freundin von Thomas saß noch immer Bett mit der Decke über den angezogenen Beinen und sagte kein Wort. Natürlich wird man jetzt denken, dass sie sehr schüchtern war und das mochte auch so sein, denn das wäre ich sicher auch gewesen, an ihrer Stelle. Vielleicht war es aber auch deshalb, weil sie ihr Deutsch nicht mochte, auch wenn es dafür gar keinen Grund gab, weil sie schon sehr gut sprach, für die kurze Zeit, die sie hier war.

Ich saß schweigend in dem Sessel aus braunem, abgewetztem Leder und besah mir die Gegenstände, die in der massiven, dunklen Vitrine standen und wunderte mich darüber, was aus Kinderzimmern wird, die verlassen wurden, als Thomas aufsprang und meinte, er wolle uns etwas zeigen.

Er löschte das Licht und ulkte dann kurz mit seltsamen Geräuschen herum, während es um uns schwarze Nacht war. Dann leuchtete etwas im Dunkel und es dauerte ein wenig, bis ich schließlich begriff, dass es eine von diesen Kugeln waren, die violett leuchten und aus deren Zentrum blaue Blitze an den Rand der Kugel zucken, die dem Finger folgen, wenn man die Kugel berührt. So eine Kugel, wie sie im Fernsehen gezeigt wird, wenn man etwas unglaublich mysteriöses darstellen möchte.

Thomas hatte sich eben so eine Kugel gekauft. In der Tat fiel mir ein, dass ich bei meiner Rauminspektion auch eine Schachtel habe herumliegen sehen, in die diese Kugel wohl ziemlich gut gepasst haben musste. Weil Thomas sich freute wie ein kleines Kind, freuten wir uns auch, berührten die Kugel und ließen die blauen Blitze nach unseren Finger jagen.

Als er das Licht wieder einschaltete, meinte Thomas, dass es da ja noch etwas gebe. Dann kramte er sein Portemonnaie aus der Gesäßtasche hervor und zog ein quadratisches Stück Papier heraus. Er faltete es sorgsam auseinander, strich es glatt und reichte es Daniel. Daniel sah auf das Papier, dann wieder zu Thomas, dann wieder auf das Papier.

Ich konnte von Weitem nur erkennen, dass auf dem Blatt viel gedrucktes Schwarz war, in der Mitte grau, am Rand ein paar Zahlen und Buchstaben. War er geblitzt worden? Es dauerte eine halbe Sekunde, bis es dämmerte und ich das von Ferne Gesehene mit der besonderen Sorgfalt zusammenbrachte, in der Thomas das Blatt auseinandergefaltet hatte. Ich blickte in seine Augen.

Wir bekommen ein Baby, sagte Thomas. Ich muss für einen Moment ziemlich dämlich ausgesehen haben, bevor ich meine Sprache wieder fand und mich erkundigte, ob er vorhabe, mich zu verarschen. Das ist sicher nicht das, was man in so einem Moment sagen sollte, aber es war ganz einfach reichlich unerwartet, dass sich meine bisher baby- und hochzeitslose Welt von mir verabschiedete.

Ich sah Thomas an. Dann blickte ich kurz zu seiner Freundin, deren Namen ich mir nicht gleich habe merken können. Daniel versuchte, die Situation zu retten, indem er sagte, dass er das schon sehr cool fände. Dann war es erst einmal für eine Weile still.

Irgendwann fing Daniel wieder an, und Worte wie "tolle Überraschung" und "großartig" drangen an mein Ohr, aber ich hörte gar nicht richtig hin. Es war seltsam. Ich wachte erst wieder auf, als Daniel sich irgendwann erkundigte, ob sie denn überhaupt vorhatten, das Kind zu bekommen.

Als Thomas sagte, dass das ja wohl klar sei und das Mädchen mit den angezogenen Beinen meinte, dass das ja wohl noch nicht so klar sei, wurde die Stille greifbar. Sekunden wurden zu Minuten.

Vater. Ich versuchte, mir das vorzustellen, aber es konnte mir nicht recht gelingen. Wie denn auch. Ich war ja noch immer ein Junge. Einer von denen, die in den Tag hineinleben, ohne Termine, ohne Ziele. Einer von denen, die noch Comics schauen und über großen Unsinn lachen können. Einer von denen, die die Stunden mit offenen Augen verträumen. Einer von denen, der sich wünscht, er würde woanders große Taten vollbringen. Einer von denen, der jetzt die Klamotten trägt, die er als sechzehnjähriger immer tragen wollte. Einer von denen, der noch immer Cola bestellt, anstatt Bier. Vater? Nein. Das nicht.

Thomas setzte sich zu seiner Freundin auf das Bett und meinte, dass es da ja noch einiges zu bereden gäbe und wir stammelten uns durch die nächste Viertelstunde, in denen Thomas einen Teil seiner groben Pläne erklärte: Raus aus München, wieder zurück, in die Gegend, wegen seinen Eltern, die sich ja kümmern könnten, um das Kind, weil ihre Eltern das ja nicht können, da im Süden, an der Elfenbeinküste. Dann meinte er noch, dass es wohl Zufall war, die Sache mit dem Kind. Ein Zufallskind.

Das Gespräch brach irgendwann in sich zusammen, weil niemand sich traute, ein anderes Thema anzuschneiden und schließlich war es Daniel, der unter einem Vorwand unseren Aufbruch beschloss. Ich wünschte dem Mädchen, dass mit angezogenen Beinen unter der Bettdecke in dem Raum mit den dunklen Möbeln sitzen blieb, viel Glück für die nächste Zeit und das Gleiche auch noch einmal für Thomas unter dem Vordach des grauen Hauses seiner Eltern, auf das der Regen trommelte.