Donnerstag, August 10, 2006

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Vodafone zerstört Kunst - Liebe ist schön

Norbert bereitete das Abendessen, das aus belegten Broten bestand. Ich stand am Fenster und blickte hinaus. Während ich also in das Nassgrau der Außenwelt starrte, formte ich aus einem Stück Draht eine Schlinge, damit Norbert später, nach dem Abwasch, mit ein wenig Lauge und Geschick Seifenblasen machen konnte. Das liebte er und ich liebte es, ihm dabei zuzusehen.

Der Himmel hatte diese gelbliche Färbung, als würde es jederzeit Gewitter geben können und die Luft verlor kontinuierlich an Wärme. Es würde weiterregnen, wie es auch schon die letzten Tage regnete. Durch das angeschrägte Fenster wehte mit einem Mal frostig feuchter Wind hinein, der mich schaudern ließ. Ich schloss das Fenster.

„Das geht so nicht weiter, Norbert.“
Pause. Atmen.
„Weißt du, was ich meine?“
Norbert sah mich für einen Moment fragend an, beschloss dann aber, sich nicht weiter um mich zu scheren und fuhr damit fort, Brote zu belegen. Ich machte weiter.

„Das hier. Das jetzt. Das ist kein Leben. Das ist gar nichts.“ Ich bewegte mich durch den Raum, setzte mich aufs Bett. „Jeden Morgen aufstehen nach dem Schlaf ohne Luft. Jeden Morgen duschen im Knastsanitärlook. Dreiviertelstunde Hinweg, acht Stunden graue Wände, Dreiviertelstunde Rückweg, Essen, Film, Internet, Schlaf ohne Luft… Norbert, das ist doch kein Leben!“

Norbert blickte auf, ließ von seiner Arbeit ab um auf das Bett neben mich zu springen. Er tätschelte meine Hand. „Weißt du, ich erwarte ja gar nicht viel. Ein wenig Leben abseits von Bus und Bahn, einen Menschen zum Reden und ein Lachen hier und ein Weinen da. Stattdessen ist es grau, wo ich auch hinsehe.“

Norbert sprang zum Fenster und sah hinaus. Ich beobachtete ihn. Die Minuten verstrichen, in denen mein kleiner Freund einfach nur in die Ferne blickte. Sein Atem hinterließ pulsierende Flecken auf dem kalten Glas. Er saß regungslos da, bis er sich nach einer Ewigkeit auf einmal umdrehte, einen lauten Schrei ausstieß und begann, gegen die Scheibe zu trommeln.

„Du hast ja Recht.“ Sagte ich. „Depressionen schieben kann jeder. Ich muss einfach mal raus.“ Er hörte auf zu trommeln. „Bald schon, Norbert. Nach dem Regen.“

Ich schaute auf den Draht in meiner Hand, den meine Finger mittlerweile in einen kleinen unentwirrbaren Klumpen verwandelt hatten. Ich suchte ein neues Stück vom Schreibtisch und begann von vorn.


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