Montag, Oktober 09, 2006

Mir doch schnuppe

Nacht. Zwischen weißen Strichen irgendwo die Landstraße. Die Tachonadel hängt bei 120 – das ist zu schnell, aber das ist egal. An beiden Seiten dunkle Wiese, auf der sonst Pferde stehen, aber die schlafen sicher schon. Zwanzig Meter Licht, dann nur noch Schemen. Über allem runder Vollmond, verziert mit schickem Hof. Gegenverkehr. Fernlicht in weite Pupillen blendet für einen Moment und ich vertraue auf blinde Streckenkenntnis. Abgeblendet, vorbei, schwarz. Durch dünne Wolkendecke scheint es plötzlich hell. Dann der Feuerball. Ein Wimpernschlag und er verschwindet am Horizont.

Mein katastrophenfilm- und nachrichtengeschädigtes Sensationszentrum meint, dass sei ein abstürzendes Flugzeug, Triebwerksausfall, Trudeln, schließlich reißen die Flügel und das ausströmende Kerosin entzündet sich in heißen Turbinen.

Weiterhin von hier die Anfrage, ob ich eine Kamera dabei habe. Das Kurzzeitgedächtnis bestätigt: Kleine Kamera dabei.

Kritische Stimmen werden aus der Abteilung für technisches Verständnis und dem gesunden Menschenverstand laut: trudelnde Feuerballflugzeuge sind nie und nimmer so schnell.

Kritik wird angenommen und das Sensationszentrum schlägt – ein wenig enttäuscht - als nächstes eine Sternschnuppe vor.

Das Langzeitgedächtnis prüft gelesene Bücher und gesehene Filme, dann Bestätigung der Meldung: Mögliche Sternschnuppe.

Die Anfrage nach der Kamera wird zurückgezogen. Stattdessen erneute Anfrage an das Langzeitgedächtnis: Haben wir so etwas schon einmal gesehen?

Das Langzeitgedächtnis meldet, dass sich die Bildabteilung an nichts ähnliches erinnern kann, außer vielleicht an jene kurzen Blitze, die manchmal am Nachthimmel auftauchen, ohne dass sie mit Sicherheit als Sternschnuppe einzuordnen waren.

Das Büro für Schätzungen meint, dass das wohl schon ziemlich groß gewesen ist, während das Besserwissermanagement mit Informationen über verglühende Felsen und Weltraumschrott hausieren geht.

Man wird sich schließlich einig. Sternschnuppe, ziemlich bis sehr groß. Das Sensationszentrum versucht noch einen möglichen Einschlag in Kilometerentfernung plausibel zu machen, aber das wird dann unterbrochen, als Adrenalin in rauen Mengen ausgeschüttet wird, weil das Sehzentrum die Fahrbahnbegrenzungen nicht mehr dort meldet, wo sie hingehören und stattdessen ein großer Baum im Lichtkegel der Frontscheinwerfer erscheint.

Motorische Reaktion erfolgt per Reflex und Hörnerven melden Reifenquietschen. Als der Baum vorbei ist, beginnt das Sensationszentrum zu jubeln, bekommt dann aber schnell von allen Seiten auf die Mütze.

Was ich mir gewünscht habe, bleibt übrigens geheim.

Logh - Yellow Lights Mean Slow Down, Not Speed Up

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Uebrigens: geiler Song!

Nils hat gesagt…

das finde ich auch.