Montag, Februar 26, 2007

Sparta

Ich werde sterben. Ja, da bin ich sogar sicher. Nur fürchte ich nun, dass dies früher geschehen wird, als ich das bislang plante. Mein Leben ist in Gefahr. Ich lebe in Angst. Die Bedrohung ist mein ständiger Begleiter. Jeder Schatten lässt mich weichen, jedes Geräusch hochschrecken.

Schuld daran ist meine große Klappe, die vor einem halben Jahr noch lautstark kund tat, man möge mich doch bitte auf der Stelle erschießen, wenn ich beginne, über gestemmte Gewichte und strapazierte Muskeln zu reden.

Nun bin ich sicher, dass mir eines Tages ein maskierter Assassine eine Kugel in den Hinterkopf jagen wird. Es ist ja auch viel zu spät, einen Hehl daraus zu machen, dass ich mich in einem Fitnessstudio angemeldet habe. Jawohl.

Gründe dafür gibt es viele. Hauptsächlich tue ich es aber, weil ich mir nicht mein Leben lang vorhalten möchte, mit siebzehn den körperlichen Zenit durchmessen zu haben, als ich aus dem Schwimmverein austrat. Außerdem bleibt so in der Midlifecrisis wesentlich mehr Zeit, den eben angeschafften Porsche spazieren zu fahren, da ich nicht erst noch einen Marathon laufen muss, um mir etwas zu beweisen.

Nun also Fitnessstudio. Seltsamer Ort. Ich gebe zu, dass ich ihn nicht ganz vorurteilsfrei betrete, aber das ist auch nicht so schlimm, denn zweite Meinungen bilde ich gerne und Schubladen werden auch mal umgeräumt.

So sitze ich also beim Check-Up auf dem Ergometer, lasse Puls und Blutdruck messen, den Fettanteil, danach noch alles einmal Testdehnen. Soso, oho, aha. Nachdem mein Körper in Zahlen gefasst auf einem Blatt Papier vor mir liegt, bespricht der Physiotherapeut mit mir etwas, was sich ziemlich nach einer zwei minus anhört. So wie immer also. Wunderbar. Der Zweiminusmann geht seinen Weg.

Der Weg führt den Zweiminusmann an viele metallene, graue Geräte, an denen es gilt, die jeweils schwarz abgesetzten Gewichte mithilfe diverser Körperteile der Schwerkraft entgegen zu bewegen. Am nächsten Tag bekommt der Zweiminusmann davon einen Muskelkater, der ihn eine halbe Woche lang so herumlaufen lässt, als habe er mehrere Schusswunden erlitten und er klagt sein Leid jedem Menschen, den er trifft.

Mittlerweile ist das einen Monat her und in der Tat habe ich Gefallen daran gefunden, schwarze Eisenscheiben anzuheben. Natürlich ist es herrlich sinnbefreit, denn das ist kein Sport, dem man irgendeinen praktischen Nutzen abringen könnte, wie das etwa bei Schwimmen, Laufen, Bogenschießen oder Speerwerfen fahren der Fall wäre, aus Urmenschensicht jedenfalls.

Vielmehr geht es darum, bei lautem Getöse aus den Kopfhörern einfach an gar nichts zu denken und sich darüber zu freuen, den Eisenblock ein weiteres Mal in die Höhe getrieben zu haben. Kleine Erfolge. Danach das Gefühl, ein wenig mehr am Leben zu sein, weil Schmerzen der Beweis sind, dass da ja auch noch ein Körper unten an dem Kopf hängt und am Ende der kleine Triumph, sich müde zu fühlen und schlafen zu können.

Zu Beginn bin ich noch schockiert, weil ich fürchtete, meine mitgebrachten Vorurteile würden in keinster Weise bestätigt, als ich zwei Herren dabei belausche, wie sie über die Unterschiede verschiedener Drogerieundsupermarkttafelwasser debattieren. Aber das wird kurz darauf relativiert, als in der Umkleidekabine eine Kurzinterpretation des Originalwortlauts von „Voll Assi Toni“ zum Besten gegeben und auf dem Laufband hinter mir über die Qualität unterschiedlicher „Tittenmagazine“ befunden wird.

Erheiternd ist darüber hinaus, dass Männer wohl grundsätzlich nur ihren Oberkörper zu trainieren scheinen, weshalb sie alle so ausschauen, wie Spike the Bulldog, dafür aber die Geräte zum Beintraining immer wunderbar frei sind.

Schlimmer als Männer, die nur aus Armen bestehen, finde ich jedoch die meisten Frauen, die ihre androgynen Körper über Laufbänder treiben, bis auch das letzte Gramm Fett von ihrem Skelett geschmolzen ist, die die Haut an ihren Hüften zwischen zwei Fingern hervorziehen, um zu zeigen, wie „fett“ sie sind, und vom Trainer Ernährungstipps haben wollen, weil ja noch mindestens drei Kilo runter müssen während ich wünsche, dass die UNO Lebensmittel aus Propellermaschinen abwirft.

Nun, ich will weder so aussehen, wie der Hulk oder ein Hungerleider. So wie mit siebzehn, das wäre klasse. Mehr muss nicht und mehr soll nicht.

Oh, da fällt mir ein: Um die horrenden Kosten meines kleinen Ausflugs in die Welt des Sports decken zu können, habe ich ein Trainingsvideo aufgenommen, welches mich bei meinen Leibesübungen zeigt. Bei Interesse gern in voller Länge, hier aber zunächst ein Ausschnitt.


Die Rolle der Hippiebraut mit Zuckerlächeln und Schmachtblick ist übrigens neu zu besetzen. Über eine größere Zahl mir nacheifernder Knaben würde ich mich ebenso freuen. Lebensläufe in die Kommentare.

Am Ende noch ein Versprechen: Wenn ich irgendwann einmal anfange, mit irgendwem über Pokerstrategien zu fachsimpeln, dann möge sich der Himmel verdüstern und Blitze gegen meinen Hintern schleudern.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

blitze gegen den hintern? ob das eine gerechte strafe für das fachsimpeln über pokerstrategien wäre? ich weiß ja nicht.

Nils hat gesagt…

es sollte schlimmer sein. dafür haben sie schon zu viele abende verdorben.

Anonym hat gesagt…

richtig. wie wäre es mir einem unaufhaltsamen haarwuchs auf der zunge? oder mit einem vertauschen von gesicht und gesäß. dann könnte man pokerfachsimpler gleich erkenen und weiträumig umgehen.

Nils hat gesagt…

oder ein pik in den as(s). hach. gewaltphantasien. schön.