Redox
Da ist der Ort, an den du nicht gehen willst, weil dein Instinkt dir sagt, dass du da nicht hingehörst und die Stimme in deinem Kopf, auf die schon so lange hörst meint, dass du deine Seele besser direkt am Eingang an die Garderobe hängst, um sie heile wieder zu bekommen. Du rempelst den Securitymann beinahe an und deutest nur stumm auf deinen Rucksack, verdankst es aber am Ende deinem bösen Gesichtsausdruck, dass du nicht festgehalten wirst.
Du kannst die Luft sehen. Du kannst die Luft riechen. Du weißt, dass man Luft nicht riechen oder sehen können sollte. Dennoch atmest du und spürst einen Druck auf deiner Lunge, als hätte man deinen Brustkorb in einen Schraubstock gespannt. Dein Trommelfell stirbt bei der ersten Rückkopplung aus großen schwarzen Boxen neben dir und dennoch bleibst du genau hier stehen, weil dies der einzige Platz ist, an dem du vollkommen unsichtbar bist.
Du siehst die lachenden Menschen und wünschst, dies sei keine Kamera, sondern ein Flammenwerfer. Da ist das Gefühl, etwas kaputt machen zu wollen, weil diese anfängliche Idee von Fremdscham, die dich zu Beginn noch kurz amüsiert, irgendwann in Wut umschlägt. Gegen die anderen, gegen dich selbst. In deinem Kopf flackert es, als du beginnst, fünf Blitze pro Sekunde in die Menge zu spucken und lachst kurz, als du dich für einen Moment der Phantasie hingibst, du seiest Zeus persönlich.
Du schaffst es hinaus und erklärst hohes C zur Medizin, die deinen Körper reinigen wird. Als die Frau im Schlabberpulli beim folgenden Konzert beginnt, dich komisch anzuschauen und genervt zu stöhnen, willst du die Kondensatoren deines Blitzes am liebsten direkt vor ihren weit geöffneten Pupillen entladen und schreien: „Halts Maul Fotze! Ich mach hier nur meinen Job!“ Aber das tust du nicht, denn du weißt dich zu benehmen.
Radiohead - Karma Police
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