Mittwoch, Juli 25, 2007

Kein Scheiß, Mann!

Jedes Jahr das gleiche Spiel. Alle Welt fährt in die tollsten Urlaube, während ich nur Balkoniens Geranien sehe, weil entweder kein Geld da ist oder niemand, mit dem sich meine Vorstellungen eines Aufenthaltes fern der Heimat auch nur ansatzweise überschneiden. So weit, so normal.

Richtig schlimm wird es aber immer dann, wenn man später versuchen soll, an den "einmaligen" oder "wunderbaren" Reisen der zumeist einige Noten dunkler ("Aaaach, sag mal bist du braun geworden?") gewordenen Heimkehrer teilnehmen soll. Früher versammelte man sich dann immer um irgendwelche Fotoalben oder - im schlimmeren Falle - lose herumgereichte Bilder aus DM-Papiertüten, bei denen dann immer besonderer Wert auf Ordnung ("Pass mir aber auf die Reihenfolge auf, ja?" oder "Aber immer schön am Rand anfassen - ich hab die ja in glänzend genommen.") gelegt wurde.

Mittlerweile hat sich dieses Ritual ein wenig geändert und statt des gemütlichen Herumreichens drängen sich Familie und/oder Besucher nun um Bildschirme von Computern, Notebooks, Fernsehern oder sogar den der Digitalkamera selbst ("Ich hab die Bilder noch immer auf'm Chip." oder "Oh, da ist ja auch noch Weihnachten mit drauf.").

Nicht geändert hat sich aber, dass die Bilder meist irgendwelche Schnappschüsse rund um den Weg vom Hotel zum Strand, den Strand selbst, das Meer, den Rückweg, die abendliche Bar und das sonnenversengte Gesicht des jeweiligen Urlaubs- oder Lebenspartners zeigt ("Irgendwie ist Papa nie drauf."), der sich überall ins Bild geschlichen hat.

Dazu dann Informationen von großem Nutzen ("Hier haben wir Abends ein Bier getrunken") oder die wertvolle Lehrstunde in Geografie ("Könnta jetzt nicht auf dem Bild sehen, aber da hinten ist das Meer.").

Und auch wenn moderne Digitalkameras eigentlich darauf ausgelegt sind, Bilder zu erzeugen, die durch kräftige Farben und guten Kontrast bestechen (neben ganz ganz ganz vielen MEGApixeln) und kleine Computer schon während der Aufnahme bemüht sind, größere Patzer auszugleichen, so schaffen es einige doch immer wieder nur Mist zusammenzufotografieren. Meist sind das dann auch jene, die nachträgliche Bildbearbeitung scheuen ("Da hab ich vom Stefan so ein Programm gebrannt bekommen, ist aber vieeel zu kompliziert") und ihre Fotografie einfach zur Kunst erklären ("Ich will ja auch gar kein Fotograf werden, so wie du - sei mal nicht so kritisch."). Diesen Menschen folgende Botschaft:


Äähh... genau. Denn: Dieses Bild habe ich - es zählte hier eher Botschaft als Ergebnis - mit Picnik bearbeitet. Picnik ist Onlinebildbearbeitung in wunderschön und kinderleicht zugleich. Alles aufgeräumt und ordentlich dargestellt, die Knöpfe da wo sie hingehören und ein Funktionsumfang, der vollkommen ausreicht um etwa den Daumen ("Keine Ahnung wie der immer da drauf kommt.") herauszuschneiden oder den Horizont beim lieblichsten aller Sonnenuntergänge vom Verdacht zu befreien, man könne Seifenkistenrennen auf ihm austragen. Ausprobieren, mögen, supadupa.

Natürlich ist dann noch immer nicht das Problem der gestohlenen halben Stunde gelöst, in der ich mir all diese Erlebnisse anhören muss, die Neid erzeugen sollen, bei mir aber Fluchtgedanken hervorrufen. Daher folgender Vorschlag: Man schenke mir demnächst einfach ein Urlaubsfotobuch von blurb und alle sind zufrieden. Die sehen ungemein schick aus und füllen die leeren Regale mit Papier gewordener Erinnerung.

Was gibt es noch zu sagen? Achja...

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Was sind denn deine Vorstellungen von Urlaub?

Anonym hat gesagt…

Ja ich glaub das kennt wohl jeder. Verwandte und Freunde die begeistert vom Urlaub berichten und dabei Fotos zeigen die eigentlich in die Tonne gehören, weil sie a) Dinge zeigen die keinen Interessieren und b) auch noch grausam umgesetzt sind. Aber ehrlich gesagt bin ich da auch nich besser. Seit man Digitalkameras mit fast unbegrenzten Speicher hat, ballert man halt erstmal drauflos. Was solls. Kost ja nix und löschen kann man ja hinterher noch. Komischerweise schaffen die "Hinterherlöschen" Kanditaten dann doch immer den Sprung auf Festplatte und in den Vorzeige-Ordner.Vielleicht eine Art Verlustangst im Digitalen Zeitalter? Mittlerweile versuch ich ja schon Fotos nach Fototechnischen Gesichtspunkten umzusetzen, hab sogar das ein oder andere Buch gewälzt, aber sorichtig gelingt das im Eifer des Gefechts auch nicht. Aber was solls. Nur geteilte Freude ist richtige Freude. Also ne halbe Stunden Zeit opfern, immerschön nicken und ein gelgentliches "Boa", "Hübsch" und "Schön schön" von sich gegeben. Wenns einen andren Menschen glücklich macht, ich kann damit leben.
Tödlich wirds dann nur ab 100 Bilder aufwärts...

Anonym hat gesagt…

ich krümm mich.. sehr treffend, es könnten glatt meine Verwandten sein.. meine Art ist einfach, doofe fototechnische oder sonstige unangenehmen Fragen zu stellen, so dass sie inzwischen alle wissen, dass es bei mir keinen neid zu holen gibt..
übrigens, kostspieliger Tipp am Rande: bereise einfach die bessere Destinationen, dann klappen die Laptops zu und nur die Mäuler auf..
sehr schön gesagt mit der Verlustangst im Digitalen Zeitalter!
und ja, was sind denn deine Vorstellungen? zugern würd ich mal einen nils rupert reiseblog lesen ;)

Nils hat gesagt…

Anonym,
Meine Vorstellungen von Urlaub? Habe ich eigentlich keine. Was ich gern tun würde? Dinge sehen, die ich sonst nicht sehen würde und ein wenig Zeit zum fotografieren. Niemanden, der sagt, dass man heute noch hier- und dorthin muss. Einfach schauen, was passiert. Ich sehe mir eigentlich lieber Städte an, als Landschaften, Meere oder Berge (was nicht heißt, dass ich dafür absolut nichts übrig hätte). So laufe ich dann durch diese Städte ohne ein einziges Geschäft, Museum, Kirche oder derlei zu betreten.
Ansonsten würde mir gern einmal Tschernobyl ansehen oder mit dem Auto durch die USA fahren. So etwas eben.

Godspeed,
das mit dem Ballern ist bei mir ähnlich. Früher gab es nur 36 Bilder, entwickeln war ungemein teuer - bzw. man hat immer schrecklich lang in der Dunkelkammer gestanden und nach Chemie gestunken - und man wusste ja auch nicht, wohin mit dem ganzen Krams. Mittlerweile werden die Tage, an denen ich um die 1000 Auslösungen hatte, immer häufiger. Insbesondere wenn ich Sport fotografiere. Schrecklich. Ich zeige meine „Urlaubsbilder“ – die es ja aus genannten Gründen nicht gibt – eigentlich nicht vor, bzw. mache das nur auf Anfrage. Andererseits landen sie ja auch im Internet…

Herr Trane,
die besseren Destinationen, tjaja, das ist so eine Sache. Ich habe ja oben schon kurz erklärt, was etwa in meinem Interessen- aber außerhalb meines Finanzbereichs liegt. Reiseblog dann, wenn letzteres ein wenig aufgebessert wurde. Ein Notebook brauche ich dann zur Reisebloggerei ja auch noch. Herrjeh.

Anonym hat gesagt…

Tchja... ich vermute, ich bin auch so ein böser Mensch.

Gestern Abend nutzte ich zum ersten mal die Bilder, um einen Monat Abwesenheit zu erklären, auch wenn jene eher als Illustration meiner Geschichten dienen (was vermutlich nur noch schlimmer ist).
Letztes Jahr hatte ich keine Fotos und Erzählungen gab es als Trockenübung oder anhand meines Projekt-Ordners, der Lebenslaufskopien der Mitmenschen oder ähnlichem, dieses Jahr hatten wir einen Fotografen dabei, da sehen wenigstens die Bilder schön aus.

Nils hat gesagt…

Es wäre wohl manchmal besser, man hätte immer Fotografen und Abenteuerromanautoren dabei. Andererseits überlege ich stets, ob ich nicht die Wahrheit ein wenig aufpeppen soll. Merken würde es niemand und eine gute Geschichte bleibt eine gute Geschichte.